Mit wem würden Sie gerne arbeiten/drehen?
Ich würde gerne mal im Schnittraum von Martin Scorsese und Thelma Schoonmaker als stille Anbetende über die Schultern schauen.
Als Komponist träume ich davon, mit Regisseur:innen zusammenzuarbeiten, die das Potenzial von Musik im Film erkennen und darauf vertrauen. Die wie ich vom magischen Moment fasziniert sind, in dem durch die Kombination von Musik und Bildern diese ursprüngliche künstlerische Kommunikation entsteht, die das Unterbewusstsein des Zuschauers anspricht.
Darüber muss unbedingt noch ein Film/eine Serie gemacht werden …
Über fünf Frauen, die beschließen, eine Punkband zu gründen, ohne irgendein Instrument spielen zu können, und anschließend mit dickem Tourbus die Welt erobern.
Was oder wer inspiriert Sie?
Menschen, die sich gegen Zuschreibungen der großen Masse wehren, Kunst von Außenseiterinnen und Außenseitern, die Frische auf die verstaubten Sinneszellen werfen. Natur, die nicht als Outdoorfitnesscenter verwendet wird, und die Blumendekorationen meiner Mutter.
Mich inspirieren Künstler aus Epochen, in denen Kunst und Wissenschaft noch nicht so streng getrennt waren wie heute. Man verstand die Kunst als kognitives Werkzeug, um die Geheimnisse der Seele und der Welt zu erforschen. Die Werke von Jan van Eyck und Piero della Francesca, Leonardo da Vincis Zeichnungen, die so voller Geheimnisse und Faszination für das Wissen sind. Und all die Künstler, die mit der Wahrnehmung von Form in der Malerei spielten – die Impressionisten etwa, die Formen in einer Art optische Täuschung mit Pinselstrichen und Licht schufen. Gerade in diesen „Grenzbereichen“ der Wahrnehmung liegen die tiefsten Bedeutungen eines Werkes – auch beim Film. Auch der Komponist György Ligeti arbeitete mit „auftauchenden“ Formen, die aus einer gewissen Entfernung einheitlich erscheinen, aber aus einer Vielzahl kleiner Elemente entstehen. So wie in einem Film, wo einzelne Ausschnitte oder Töne eine andere Bedeutung haben als der Film als Ganzes.
Die Filmlandschaft in Südtirol ist …
Ein bisschen sehr gepflegt, ein wenig Wildwuchs wäre schön.
Das Potenzial ist groß, es könnte mutiger genutzt werden.
Ihr Guilty Pleasure (Film / Serie) ist …
Filme, die irgendwas mit Boxen zu tun haben. Von Raging Bull, zu Fight Club, Million Dollar Baby, Snatch und Rocky.
Ich habe eine uneingestandene Leidenschaft für die Tatort-Reihe und für den ein oder anderen James Bond.
Ein Film, der Ihre Kindheit geprägt hat …
Ronja Räubertochter. Der Schrei zum Frühlingsanfang ist obligatorisch, heute noch.
2001: Odyssee im Weltraum lief jedes Jahr zu Weihnachten. Ich erinnere mich an das warme gedämpfte Licht im Wohnzimmer. An einem langen Tisch kamen die Verwandten zusammen, unterhielten sich lautstark und interessierten sich gar nicht für diesen Film mit seinen rätselhaften Bildern im Fernseher.
Eine Szene, die Sie jedes Mal aufs Neue den Atem anhalten lässt …
Die Szene in Strange Days, in der Faith (Juliette Lewis) „I can hardly wait“ singt und Lenny (Ralph Fiennes) sie anschaut. Kathryn Bigelow hat mit ihrer Bildgestaltung und ihrer Regie eine Sehnsucht eingefangen, die das Herz jedes Mal zum Flattern bringt.
Das Finale von Federico Fellinis Die Nächte der Cabiria.
Dieser Film / diese Serie hat den besten Soundtrack …
Ich mag Soundtracks nicht besonders. Das klingt paradox für jemanden, der Musik für Filme komponiert, ist es aber nicht. Ich liebe Musik im Allgemeinen, aus jedem Genre, jeder Epoche, jeder Kultur. Oft sind es die Bilder der Filme selbst, die mich an eine Passage aus einem Stück von Debussy oder Aphex Twin erinnern. Wenn mir etwas in den Sinn kommt, studiere ich lieber die Quelle, als mich auf Soundtracks zu beziehen, die wiederum andere Werke zitieren. So vermeide ich Kopien von Kopien. Ein guter Komponist lässt sich von den musikalischen Lösungen, die ihm die Welt bietet, inspirieren, interpretiert sie neu und fügt sie in seine eigene Sprache ein. Trotzdem: Ich liebe die Soundtracks von Westernfilmen, die Ennio Morricone geschaffen hat, auch wenn sie mit meinem Geschmack wenig zu tun haben. Ihre Orchestrierung und musikalischen Schlichtheit sind genial – wie sie mit den Bildern interagieren, ist unvergleichlich. Ich schätze auch einige der Soundtracks von Hans Zimmer sehr. Seine Verbindung von Akustischem und Orchestralem, von einfachen, fast poppigen Harmonien und vollen Klängen schafft im Kino ein immersives Erlebnis.
Cornelia Schöpf studierte Germanistik und Publizistik in Wien und Berlin und absolvierte dann die Ausbildung an der Dokumentarfilmschule ZeLIG in Bozen. Seither ist sie als Editorin, Regisseurin und Drehbuchautorin tätig. Außerdem ist sie Mitglied der einzigen All-Female-Punkband Südtirols – den PUNKCAKES.
Federico Campana ist freischaffender Musikkomponist und Regisseur. Er absolvierte die Dokumentarfilmschule ZeLIG in Bozen und studierte elektronische Musik und Komposition an den Konservatorien von Bozen und Trient.
Das Duo hat bei mehreren Projekten zusammengearbeitet, zuletzt bei Der Maulbeerbaum (2023), ein Kurzspielfilm aus der Feder von Cornelia Schöpf, bei dem das Team gemeinsam Regie geführt hat.