3 Fragen an… Sylvia Rothe, KI-Expertin

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Prof. Dr. Sylvia Rothe hat seit 2022 den Lehrstuhl für KI an der Hochschule für Fernsehen und Film München inne. Mit TAKE hat sie über ihren Forschungsansatz und ihre Sichtweise zum Umgang mit KI gesprochen.
Take

Das Thema KI löst große Diskussionen aus – nicht nur in der Filmbranche. Gibt es aus Ihrer Sicht den „richtigen Umgang“? Ein gesunder Pragmatismus vielleicht?

Sylvia Rothe

Man sollte KI unbedingt ausprobieren – egal, in welcher Branche – und überlegen, wo man sie als Tool in der eigenen Arbeit sinnvoll einsetzen kann. Natürlich gibt es Menschen, die den Entwicklungen gegenüber sehr kritisch und ängstlich eingestellt sind. KI wird in Zukunft sicher auch viele Jobs stark verändern. Alles wird uns KI nicht „abnehmen“ können. Ich bin aber zum Beispiel sicher, dass sie uns in Sachen Personalmangel in verschiedenen Berufsfeldern helfen kann.
Aktuell wäre es zu früh zu behaupten, KI sei wirtschaftlicher. Das muss von Fall zu Fall genau geprüft werden. Ein Beispiel: Bei einer Video-Generierung etwa braucht es oft sehr viele Versuche, bis etwas Brauchbares entsteht. Das geht auf dem traditionellen Weg meist schneller. Aber KI entwickelt sich ja permanent.

Take

Ihren Lehrstuhl für KI an der HFF München ist singulär in Deutschland. Welchen Forschungsansatz verfolgen Sie? Und zeigen sich Ihre Studierenden gegenüber KI immer aufgeschlossen?

Sylvia Rothe

Am Anfang hatten wir uns sehr viel vorgenommen, dann wurden wir von den Entwicklungen überrollt. Wir sind nur ein kleines Team und konzentrieren uns aktuell auf drei Themen. Hierfür arbeiten wir mit Masterstudierenden im Fach Medieninformatik der LMU München zusammen. Mehrere Forschungsprojekte laufen im Bereich inklusive Medien, zum Beispiel überlegen wir, wie man Filmmusik visualisieren kann. Unser zweites Thema sind virtuelle Produktionen, hier im Speziellen die Generierung von Hintergründen im Film durch KI. Und schließlich forschen wir noch mit den existierenden Tools für Drehbuchschreiben und Storyboarding. Hier überlegen wir, wie wir diese ändern bzw. wie wir eigene entwickeln können, sodass die Ownership erhalten bleibt und man die Kontrolle über das Ergebnis behält.
Was den Umgang der Studierenden mit KI betrifft, kann man nicht pauschalisieren. Es gibt diejenigen, deren Interesse riesig ist, die alles aufsaugen und ausprobieren. Dann gibt es aber auch andere, die lieber nichts damit zu tun haben wollen. Ich lege allen ans Herz, mit KI zu experimentieren. Denn dann merkt man schnell, dass sie unterstützen und auch Dinge verbessern kann – aber auch, dass sie weder ein Drehbuch allein schreibt noch einen kompletten Film erstellt. Jedenfalls nicht, wenn man bestimmte Ansprüche an die Ergebnisse hat.

Take

Das EU-Parlament hat das weltweit erste KI-Gesetz beschlossen. Ist es richtig, den Umgang mit KI gesetzlich zu regeln?

Sylvia Rothe

Absolut. Es muss Regeln geben. Ohne Regeln wäre die Verunsicherung groß. Nicht nur bei den Skeptikern, auch wer KI nutzen will, würde sonst im Unklaren darüber gelassen, was überhaupt erlaubt ist.

Foto Asia De Lorenzi
Interview Barbara Schuster
Veröffentlicht am 29.05.2024