Hat Ihr Weg von der Verlagswelt in die Filmindustrie Ihre Perspektive auf das Schreiben und die Kreativität beeinflusst?
Ich glaube ja. Die unterschiedlichen Formate einen viele Gemeinsamkeiten – aber es gibt auch klar erkennbare Unterschiede. Ich gehe von einem allgemeinen Storytelling-Ansatz aus und suche dann nach den Besonderheiten des jeweiligen Formats. Für mich bedeutet Kreativität, mit dem „Was wäre, wenn …“ zu spielen – in Bezug auf Inhalt, Form und eigentlich alle Aspekte unserer Arbeit. Es geht darum, die Grenzen auszuloten und im kreativen Prozess auch mal unbekanntes Terrain zu betreten. Das versuchen wir mit den verschiedenen Projekten unserer internationalen TV-Entwicklungs- und Produktionsfirma Joyrider: Derzeit stellen wir die bosnisch-serbische Serie Frust mit Firefly Productions fertig. Letzthin habe ich auch an einem eigenen Projekt gearbeitet, der Serie War of Saints, mit meinem brillanten italienischen Co-Autor Luigi Campi, und ich bin mit dem Kurzfilm Last Chance auf Festivals unterwegs, bei dem ich zusammen mit meinem Mann Regie geführt habe.
Als Script Tutor bei RACCONTI haben Sie die Teilnehmer/-innen in den vergangenen Jahren bei der Drehbuchentwicklung unterstützt. Was macht das Script Lab so wertvoll für ein Projekt?
Je mehr man über ein Projekt spricht, desto genauer versteht man, worum es wirklich geht, und desto besser wird es. Wenn man darüber spricht und versteht, wie und warum die Geschichte, die man erzählen möchte, funktioniert, ist es einfacher, sie zu verkaufen. Außerdem ist es wichtig, das Projekt von vornherein als Ganzes zu betrachten – und zwar bevor man mit den Dreharbeiten beginnt. Ich liebe das Format RACCONTI, weil es den Teilnehmer/-innen in allen wichtigen Aspekten eine maßgeschneiderte Erfahrung bietet. Das Besondere daran ist, dass die Teams die großartige Gelegenheit haben, direkt mit verschiedenen Expert/-innen zusammenzuarbeiten.
Was ist eigentlich ein „gutes“ Drehbuch? Halten Sie sich an Ihre eigenen Regeln?
Wenn es ein Rezept gäbe, wären vermutlich alle Filme gleich. Spannend bleibt es, weil wir experimentieren dürfen und ständig neue Wege finden können, um einen guten Film zu machen. Storytelling ist eine Form der Kommunikation: Als Filmemacher/-in möchtest du deinem Publikum eine Botschaft senden – aber nur indirekt. Deshalb verpackst du sie in einen Film. Und das Publikum versucht dann, Schicht für Schicht diese Botschaft zu enthüllen. Für mich kann ein Film nur dann erfolgreich sein, wenn bei den Zuschauerinnen und Zuschauern das ankommt, was wir ihnen damit sagen wollen. Meine eigenen Regeln zu befolgen, schaffe ich nur selten. Wenn man einmal in seiner Geschichte drinsteckt, verliert man jegliche Objektivität. Für einen selbst als Filmemacher/-in ergibt alles Sinn, so wie es ist, weil man das Projekt ja in- und auswendig kennt. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass es Außenstehende ebenso verstehen. Die größte Herausforderung besteht meist darin, sich von der eigenen Perspektive zu lösen, um das Drehbuch noch besser zu machen.